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Um Kinder für Geschichten und Bücher zu begeistern, braucht es nicht nur eine vorlesende Person, die ebenso wie die Kinder in die Geschichte eintaucht und die Begeisterung für das geschriebene Wort teilt, sondern auch kreative Ideen, um die Geschichte noch greifbarer und erlebbarer zu machen.
Im Rahmen des Landesprogrammes alltagsintegrierte sprachliche Bildung in der Kindertagesbetreuung in Sachsen bin ich als Sprachmentorin tätig und möchte hier eine Methode vorstellen, wie es mit einfachsten Mitteln gelingen kann Kinder für Geschichten zu begeistern.
„Der kleine Herr Heimlich hat Großes vor“ handelt von einem Hauswichtel, der bei Familie Lönnecke einzieht und dort unter der Treppe wohnt. Er ist ein Absolvent der weltbesten Hauswichtel-Akademie und ein richtiger Sammler. Denn er weiß, dass man viele Dinge umfunktionieren und wiederverwenden kann. In seinem Sammelsurium befinden sich allerlei nützliche Dinge, mit denen er die Jüngste der Familie Lönnecke regelmäßig zum Staunen bringt.
Es werden wunderschön gestaltete Bilder gezeigt, die zum Entdecken und zu Gesprächen mit den Kindern anregen. Das Besondere im Buch sind die illustrierten Einblicke in Herrn Heimlichs kleines rotes Notizbuch, die einem verraten, wie er aus einfachen Dingen etwas Neues bastelt.
Die Anleitungen sind einfach und für Kinder verständlich mit Bildern beschrieben und jede Einrichtung der Kindertagesbetreuung sowie Kindertagespflegepersonen könnten diese nachbasteln. Die Kinder bekommen das Gefühl, den „Auftrag“ vom Wichtel bekommen zu haben oder freuen sich einfach, dass sie die geheime Wichtelanleitung auch umsetzen können. So kann ein extrinsisch motivierter Auftrag für die Kinder ganz plötzlich zu einem intrinsisch motivierten Projekt werden.
Kinder lieben es Dinge, die im Buch erwähnt werden, auch in Wirklichkeit anfassen und bestaunen zu können. Und so lässt sich mit einfachen Mitteln und wenig Aufwand z. B. die Tinkturensammlung vom Hauswichtel nachbauen. Diese besteht aus kleinen Fläschchen, die mit einem Korken verschlossen sind und umfassen nützliche Dinge, wie Wichteltränen gegen Nachtmonsterangst oder zerriebene Schneckenhäuser gegen Morgenmuffelitis. Ganz besonders und doch eklig finden die Kinder die Klebepopel-Sammlung, die Heimlich als Sekundenkleberersatz dient.
Es werden also nur ein paar kleine Glasflaschen benötigt, die es für wenige Euro im Bastelbedarf gibt. Gefüllt mit Wasser, Perlen, Schneckenhäusern und Ähnlichem erwecken sie den Eindruck direkt aus Herr Heimlichs Sammlung zu entstammen. Der Aufwand ist gering, der Effekt, den das Anfassen der „echten“ Wichteltinkturen auf die Kinder hat, ist dafür groß. Verpackt in einer kleinen “Schatzkiste“ zaubert es Neugier und schafft besondere Momente. Und vielleicht fällt Ihnen dazu noch eine kleine Geschichte ein, wie Sie an die nützlichen Dinge aus Heimlichs Sammlung gekommen sind.
Am Morgen könnte die Schatzkiste im Gruppenraum stehen und mit einem kleinen Brief von Heimlich versehen sein. Darin könnte Herr Heimlich den Kindern schreiben und Ihnen davon erzählen, dass er bemerkt hat, wie spannend sie sein Buch finden und wie sehr er sich darüber freut. Weil er gehört hat, wie sich die Kinder über seine besondere Tinkturensammlung unterhalten haben, wollte er diese einmal vorbeibringen, damit alle sie ganz genau betrachten können. Natürlich bittet er die Kinder noch ganz vorsichtig damit umzugehen, weil er viele Jahre gebraucht hat, die Sammlung anzulegen und diese aus echten Glasflaschen besteht, die leicht zerbrechen können. Am Ende des Briefes könnte ein kleiner Hinweis stehen, wann er die Kiste wieder abholen kommt.
Die Idee der erlebbaren Flaschen kommt dabei übrigens von der Autorin, Anke Loose, selbst, denn als diese in einer Grundschule war, um ihr Buch vorzustellen, hatte sie für die Kinder genau solche Fläschchen als Anschauungsmaterial dabei.
Weil dies eine so einfache und besondere Idee für Kinder ist, habe ich, als Sprachmentorin, nun nicht nur das Buch, sondern auch eine kleine Schatzkiste mit Tinkturen, die ich den Kitas als Anschauungsmaterial mitnehme und den pädagogischen Fachkräften als neue kreative Ideen vorstelle. Mit einfachen Mitteln kann das Interesse auf Bücher und Geschichten bei Kindern geweckt und Bücher gleichzeitig erlebbar gemacht werden.
Dieses Buch ist ein exemplarisches Beispiel zur Umsetzung der beschriebenen Methode. Die Methode des Erlebbaren Buches kann ebenso mit anderen Kinderbüchern umgesetzt werden.
Weitere „Erlebte Bücher“ mit Ideen zur Förderung von Literacy und anderen sprachlichen Fähigkeiten gibt es auch bei unserem Projektpartner „Landeskompetenzzentrum zur sprachlichen Bildung und Förderung an Kindertageseinrichtungen in Sachsen“ (LakoS) zum kostenfreien Download.